Der Entwurf eines Altarraums ist stark von der persönlichen Entwicklung des Verfassers geprägt, in dessen Verlauf ihn besonders Dinge der Natur inspirierten. Der Entwurf schlägt den Weg ein in eine eher zeitlose, organische Formensprache, die dem natürlich Entstandenem den Vorrang gibt. Amorphe und kristalline Formen, Wachstumsstrukturen, aber auch ‚versteckte‘ Konstruktionen, die erst in ihrem Beschädigt-sein die ganze
Schönheit ihres inneren Aufbaus zeigen, lassen uns das spirituelle Wirken in allen Dingen erkennen. Ein sakraler Raum, wie ihn sich der Verfasser vorstellt, kann erst durch die Erfahrung der Transzendenz entstehen, das heißt, dass die Wahrnehmung einer außerhalb meiner Möglichkeiten liegenden Erfahrung und deren Bedeutung in einem einzigen Moment (der Ehrfurcht?) miteinander verschmelzen.
Der Altar
Der Altar als der zentrale Ort einer Kirche soll auch hier nahe zur Mitte des Altarraums stehen. Er ist in seiner Positionierung nach ein Volksaltar, also ein freistehender, umgehbarer, gut sichtbarer Mittelpunkt, der sich aus unmittelbarer Nähe als Tisch zu erkennen gibt.
Die Form des Altars erinnert von oben an ein Ohr, von der Seite aber nimmt er die Form eines Felsblocks an, in Anlehnung an den Felsen, auf dem Christus seine Kirche gebaut hat.
Der Altar steht für den Leib Christi, um den sich alle versammeln. Die gewählte neue Form des Altars ist dem Inneren einer Meeresschnecke angelehnt. Deren Gehäuse mit ihrem Wechselspiel von außen und innen versinnbildlicht das Körper-hafte in besonderer Weise.
Ihr raffinierter Innenaufbau, der sich normalerweise allen Blicken entzieht, ist nur zu sehen, weil die Form zerstört und deren verletzte Struktur nun erst ihre innere Schönheit offenbart. Er ist Sinnbild des Leidens und des Opfers und weckt zugleich eine Vielzahl von Assoziationen und Gedanken an das Wunder der Schöpfung.
Die den Felsblock bzw. die Schneckenform durchschneidende und an mehreren Stellen aufliegende Platte besteht aus einem Stück aus klarem Acrylglas (angedacht ist alternativ eine gegossene Platte aus leicht gelblichem Kunstharz mit Lufteinschlüssen) und bildet so einen scharfen Kontrast zu der amorphen Form darunter.
Der Ambo
Der Ambo, auch ‚Altar des Wortes‘ genannt, ist der Verkündigung des Wortes Gottes vorbehalten und steht an vorderster Stelle für die Gemeinde links vom Altar. Seine asymmetrische Form soll auf etwas im Entstehen befindliches hinweisen. Eine Struktur, die wächst und sich entwickelt, ganz so wie die Worte Gottes nichts Abschließendes haben, sondern immer wieder aufs Neue in die Welt geschickt und von der nächsten Generation neu interpretiert werden müssen. Der filigrane Aufbau erinnert am ehesten an die Äste eines Baumes, aber auch an molekulare Strukturen oder Korallen.
Teilt man einen Kreis in drei gleich große Flächen, würden die Teilungsnähte die Form ergeben, aus der sich der Ambo zusammensetzt. Eine ganz ähnliche Form taucht noch einmal auf der Altaroberfläche auf, die durch die horizontale Schneidung der Felsform durch die Tischplatte entsteht. Diese Dreiteilung kann gelesen werden als Hinweis auf die ‚Dreifaltigkeit‘, also der Wesenseinheit von Gott-Vater, Sohn und Heiligem Geist, die am ersten Sonntag nach Pfingsten in der Kirche gefeiert wird.
Der Tabernakel
Die Neugestaltung des Tabernakels nimmt die Form des alten, mit Messing verkleideten Tabernakels, das eingerahmt wird von den 7 Sakramenten an der Wand, wieder auf und entwirft eine schalenförmige Ellipse, die den Tabernakel in sich birgt wie die Frucht einen Kern.
Die steinerne Schale trägt den Tabernakel in umgekehrter Weise wie eine Druse den Kristall und weist auf etwas besonders Wertvolles hin. Die Würfelform des Tresors wird von einer zweiten Würfelform durchdrungen, in der Mineralogie spricht man von ‚Durchdringungszwilling‘.
Hier meint es die ‚geistige Durchdringung‘, denn nicht in der zufälligen Existenz, sondern im Annehmen und Erkennen seiner Selbst liegt die Vollendung menschlichen Seins und bildet so den Anfang und das Ende.
Die Ablagemöglichkeit für die Hostien bildet entweder die steinerne Ellipse selbst oder es kann unterhalb des Tabernakels (mittig oder asymmetrisch) eine Ablagemöglichkeit aus Acrylglas geschaffen werden, wie sie das Modell zeigt.
Das ewige Licht zeigt die Anwesenheit des Tabernakels an und der Entwurf zeigt drei mögliche Varianten dafür:
- Im Boden der Ellipse befindet sich eine pyramidenförmige, kristalline Vertiefung, die in gleicher Weise verspiegelt ist wie der über ihr schwebende Tabernakel. Ein elektrisches Licht in der Mitte übernimmt die Funktion der ewigen Flamme.
- Über dem Boden der Ellipse schwebend, unterhalb des Tabernakels, ragt eine gleichschenklig dreieckige Acrylglasplatte, die nur an einer Spitze an der Rückwand der Ellipse steckt und von dort den Lichtimpuls bekommt. Die Platte leuchtet und könnte zugleich als Ablage der Hostienbehälter dienen.
- Die Rückseite der Schale, dort, wo sie an der Wand befestigt ist, bekommt ein ellipsenförmiges weißes Glasfaserlicht und lässt so die ganze Schale scheinbar schwerelos an der Wand schweben.