Kunst am Bau – Entwurf ˈEidolonˈ Max-Planck-Institut Golm 2008

Räumliches Konzept
Der Innenhof des Gebäudekomplexes gleicht in seiner klaren Strukturierung und der zentral angelegten Rasenfläche einer großen Bühne, ja einem ‚Spielfeld‘. Die Innenfläche wird wesentlich geprägt von drei Lüftungstürmen, einem Baum in der nördlichen Ecke der Rasenfläche und den in den Innenhof vordrängenden messingfarbenden Baukörpern ( Seminarräume, Hörsaal).

Der Entwurf scheint auf den ersten Blick der ‚Überschaubarkeit‘ des Innenhofes zu entsprechen, erst auf den zweiten Blick unterläuft er das wohlgeordnete Bild, denn der klar und einfach geformte, fast monolithisch erscheinende Tunnelkörper, leicht diagonal zur Gebäudeachse in die Fläche gestellt, scheint bei aller Einfachheit der äußeren Hülle ein ‚lichtes‘ Geheimnis zu bergen. So wie die Arbeitsräume und Labore weitgehend zum Hof hin, also nach innen ausgerichtet sind, so ist auch das neue Bauwerk ein Raum, der sich erst aus dem Inneren her erschließt.

Künstlerische Idee
Der Entwurf zeigt eine lange schwarze Röhre, quadratisch im Querschnitt, die ein wenig über dem Rasen zu schweben scheint. Von der Längsseite her gesehen, unspektakulär und beinahe abweisend wirkend, bieten die vier mit Spiegelflächen belegten Innenseiten der Röhre einen hellen, „glitzernden“ Eindruck. Die Tunneldurchblicke holen das vermeintlich ferne Licht der zwei Öffnungen heran, brechen und vervielfältigen die Bilder kaleidoskopartig. Tritt man nahe genug an die Öffnung und erzeugt ein Geräusch, beginnt das Wassermodul in der Mitte des Tunnels einen Vorhang aus Wassertropfen mit netzartigen Strukturen abzugeben.

Ein Sprach- und Soundverarbeitungsprogramm, dass sich wechselseitig favorisiert, erlaubt sowohl eine Wiedergabe von Wörtern als ein von Wassertropfen geformtes Schriftbild als auch eine Umsetzung in Muster und Interferenzen, sobald keine eindeutigen Worte erkannt werden, sondern nur ‚Geräusche‘ …

Geplant ist die Begehbarkeit des Tunnels, denn erst im Tunnel stehend offenbaren sich dem Betrachter alle Attraktionen eines vierseitig verspiegelten Raumes: Unendlichkeitswirkung, Schwebezustand und ein Verschmelzen mit den ins bodenlose vervielfältigten Spiegelbildern als Folge der Wechselwirkung von einfallendem Licht-Bild, Eigenwahrnehmung und der von einem selbst ausgelösten Struktur- bzw. Wortbildung.

Der Entwurf lässt eine Vielzahl an visuellen Assoziationen zu den im Haus angesiedelten Forschungsbereichen zu. So erinnert die längliche Form mit den innen angeordneten Spiegeln an große Teleskope oder andere optische Instrumente. Der durch Bewegung und Akustik ausgelöste Bild-Wasserfall als das Kernstück des Tunnels und die von seinem Wasserdisplay erzeugten Worte und Interferenzmuster lassen sowohl an Innovationen der Informationstechnologie denken als auch an ‚Musterbildungen‘ in der Natur, Selbstorganisation von Materie und an die Dialektik von Chaos und Ordnung, in dessen Spannbreite sich alles, was lebendig und komplex ist, bewegt.

Technische Realisierung
Die Tunnelröhre liegt auf einem Fundament (ca. 1,50 m x 7,50m), kleiner als die Grundfläche, um einen leicht schwebenden Eindruck zu vermitteln. Die Röhre selbst ist 10m lang und 2,70m hoch und breit. Eine 15cm breite Blende schließt den Körper an den Öffnungen ab. (Sollten sich bei der Bauprüfung unlösbare Schwierigkeiten im Hinblick auf die Begehbarkeit des Tunnels ergeben, scheint es angebracht, den Entwurf in einer maximalen Länge von 8m auszuführen.) Der Tunnelkörper ist geplant als Stahlwinkelkonstruktion, belegt mit ca. 4mm starkem Cortenstahl, an den äußeren Enden und mittig mit Verstärkungsblende, innerer Winkelkonstruktion zur Aufnahme von Aluminiumspiegeln. (Nach erforderlicher statischer Berechnung ist evtl. auch eine Leichtbauweise möglich mit Stahlwinkelkonstruktion und einer Außenhaut aus einem Kunststoffverbundmaterial mit Aluminiumkern). Die Montage erfolgt mittels Kran oder aus vormontierten, transportablen Segmenten. Die Außenfarbe ist schwarz bzw. anthrazit. Die Spiegel haben ein geringes Gewicht, sind schwer entflammbar und werden an den Seiten und als Über-Kopf-Spiegel angebracht. Wird eine Begehbarkeit genehmigt, wird die Fußbodenfläche aus begehbarem Glas mit unterseitig angebrachten Spiegelflächen oder aus hochglanzpoliertem Edelstahlblech gefertigt. Elastische Dehnungsfugen zum Rand und zur Mitte hin (Wasserbecken) verhindern Materialspannungen in Folge von Ausdehnung und das Eindringen von Feuchtigkeit. In der Mitte der Röhre befindet sich oben in die Decke eingelassen ein 2,40m langes Modul aus Hunderten von Miniatur-Hochleistungs-Magnetventilen, die durch exaktes Öffnen und Schließen den Wasserfluß steuern und so einen Wasserfall erzeugen aus Texten und Mustern (diese Technik nennt sich ‚Aquasermo‘ und wird momentan in Europa vertrieben durch die Firma Norgren). Das fallende und bilderzeugende Wasser wird von seitlich im Baukörper angebrachten LED-Leisten weißfarbig angestrahlt.

Das Wasser kann bei Festanschluss an die Wasserversorgung problemlos im Dauerbetrieb laufen (automatisches Nachfüllen der verdunsteten Wassermenge) oder von einem fest installierten Wasserkreislauf gespeist werden (antibakterieller Lösungszusatz im Wasser hält es im Kreislauf frisch). Ein Betreiben der Anlage in den Wintermonaten durch Zusatz von Frostschutzmitteln muss noch geprüft werden, erscheint aber realistisch. Die unten auf dem Fußboden und parallel zur Modulleiste verlaufende Wasserwanne ist ca. 15 bis 20 cm breit und max. 15 cm tief. Eine Pumpe (im Technikraum des Gebäudes) transportiert das Wasser in das Ventilmodul. Der Strombedarf der Wasserpumpe liegt bei etwa 1500 Watt / 240 Volt. Zwei Bewegungsmelder unterhalb des Baukörpers lassen die Anlage anspringen und mit Hilfe einer einfachen Bitmap-Software verwandelt sie Geräusche oder Worte in Grafiken (Worte und Muster), die aus Wasser gebildet von der Decke fallen und so eine Art ‚interaktives‘ Display bilden. Aufgenommen werden die akustischen Signale von unter oder in den Spiegeln angebrachten leistungsstarken Mikrophonen. Ein von Studenten der Fachhochschule Brandenburg zu entwickelndes Softwareprogramm setzt die Signale in dynamische Bilder um und favorisiert dabei im Wechsel jeweils gesprochene und erkannte Wörter oder Geräusche und deren Intensität. Hard- und Software sollten möglichst in einem Technikraum innerhalb des Gebäudes untergebracht sein. Um ein Ablaufen des Regenwassers zu gewährleisten, kann der Baukörper leicht geneigt aufgestellt werden. Lüftungslöcher unterhalb des Baukörpers ermöglichen die Luftzirkulation. Die Lage der Röhre auf dem Rasen macht stellenweise eine Umverteilung von erdverlegten Leitungen notwendig. Geringe Wartungsarbeiten wie das Sauberhalten der Spiegel und die Überprüfung des Wasserkreislaufes sind unumgänglich, bedürfen aber noch der Absprache nach erfolgter Bauplanung.

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